Der Hamburger Bahnhof im Farbrausch:
Ausstellung von Katharina Grosse in Berlin

Neue Ausstellung Berlin: It wasn't us in Hamburger Bahnhof Halle

Wer aktuell die Halle des Hamburger Bahnhofs betritt, hat das Gefühl, dass hier eine ganze Farbpallette explodiert ist. Bunte, kräftige Streifen bedecken den Boden und umspülen riesige, zerfetzte Skulpturen, die wie Eisberge anmuten. Oder ist das ein exotischer Kranich, ein abgestürzter Düsenjet? Und das dahinten: ist das ein Schmetterling, der seine Flügel ausbreitet? Diese neue Ausstellung in Berlin besteht aus einem einzigen, großen und begehbaren Kunstwerk, in das Ihr eintauchen könnt.

Farbspiel erweckt Museum wieder zum Leben

Neue Ausstellung Berlin: It wasn't us in Hamburger Bahnhof Halle
© Katharina Grosse / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Foto: Jens Ziehe

Während des Lockdowns verwandelte sich der für Besucher geschlossene Hamburger Bahnhof in ein riesiges Atelier. Hier testete die international bekannte Künstlerin Katharina Grosse die Grenzen der abstrakten Malerei aus. Dabei herausgekommen ist das gigantische, raumübergreifende Kunstwerk der Ausstellung „It wasn’t us“.

Skulptur-Gemälde nimmt den Hinterausgang

Außenansicht, Blick in den Hamburger Bahnhof, die neue Ausstellung Berlin: It wasn't us in Hamburger Bahnhof Halle
© Katharina Grosse / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Foto: Jens Ziehe

Die schillernden Farben ergießen sich in verschiedenen Facetten über den Steinboden der etwa 100 Meter langen Halle. Sie fließen ineinander über und erklimmen felsenartige Formationen, um sich ihren Weg dann sogar aus dem Gebäude heraus zu suchen. Auch der Außenbereich hinter dem Museum ist in ein großes Farbenmeer getaucht. Dazu zählt neben der Straße auch die etwa 300 Meter lange Fassade der vom Abriss bedrohten Rieck-Hallen, welche die Friedrich Christian Flick Collection beherbergen.

Kunst mit Ablaufdatum

Skulptur in neuer Ausstellung Berlin: It wasn't us in Hamburger Bahnhof Halle
© Katharina Grosse / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Foto: Jens Ziehe

Die spitzen Felsen im Innenraum sind eine Anspielung auf Caspar David Friedrichs bekanntes Gemälde „Das Eismeer“. Sie bestehen aus Styropor, das die Künstlerin modelliert, mithilfe von 3-D-Scannern skaliert und anschließend zersägt hat. Die Wände der Rieck-Hallen im Außenbereich sind mit einer Folie beklebt. So kann das Gemälde nach der Ausstellung rückstandsfrei verschwinden – so, wie all die anderen bunten Farben und Formen. Bleiben werden Fotos und Erinnerungen, die Denkanstöße geben.

Blinde Flecken und stiller Protest gegen Immobilienhaie

Bemalte Rieck-Hallen: Neue Ausstellung Berlin: It wasn't us
© Katharina Grosse / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Foto: Jens Ziehe

Das raumübergreifende Gemälde symbolisiert die Unvorhersehbarkeit von Situationen. Diese sind oftmals von „blinden Flecken“ beeinflusst. Dennoch müssen wir die Verantwortung dafür tragen. Gleichzeitig ist es eine Art stiller Protest. Denn die Rieck-Hallen sollen Geschäftsgebäuden weichen, die sich in die noble Wohngegend mit ihren hochpreisigen Appartements mit Concierge-Services einreihen. Grosses temporäres Werk möchte dem etwas entgegenstellen: „Das Besondere an der Farbe ist, dass sie überall landen kann, dass sie keine Ortsgebundenheit hat, dass sie leichtfüßig überall sein kann, wie eine Art Film, der sich über etwas hinwegsetzt“, sagt die Künstlerin über ihr Werk.

Kreative Alternativen zur Kommerzialisierung

So schleust sich Grosse mit ihrem Kunstwerk in diesen Ort ein, um Alternativen zur Kommerzialisierung aufzuzeigen – und somit sowohl die Kultur als auch die Natur zu bewahren:

 

„Die Alternativen, die mir einfallen, was möglich wäre in der Situation, die so organisiert aussieht, hier in der Institution mit den Wohnräumen drumherum, mit der Halle und den kleinen Gärten und Sitzgelegenheiten und den Autos, die aus der Tiefgarage kommen und so sauber geputzt sind. Diese fast nicht mehr änderbare Befindlichkeit lässt sich eben doch durch einen Vorschlag ändern, so wie ich es jetzt mit dem Bild gezeigt habe, und das ist jetzt auch genau meine Aufgabe: Alternativen aufzuzeigen, für Möglichkeiten, die wir normalerweise nicht sehen.“

 

Corona war nicht der Anlass für das Werk mit den knalligen Farbfetzen. Dennoch lässt sich für Katharina Grosse die Intention dahinter auf fast alles im Leben übertragen:

 

„Ein ganzes System kann kippen, wenn sich nur eine Winzigkeit ändert. Das ist in einem Bild so, das ist in der echten Welt so.“

 

Wann?

14. Juni 2020 – 10. Januar 2021

Dienstag bis Sonntag: 10-18 Uhr

 

Wo?

Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin
Staatliche Museen zu Berlin
Invalidenstraße 50-51
10557 Berlin
www.smb.museum/hbf

 

Eintritt
Regulär: 10 Euro
Ermäßigt: 5 Euro

 

 

Titelbild: „Katharina Grosse. It Wasn’t Us“, Ausstellungsansicht Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin, 2020 / Courtesy KÖNIG GALERIE, Berlin, London, Tokyo / Gagosian / Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Wien © Katharina Grosse / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Foto: Nic Tenwiggenhorn

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