Schachmatt – heißt es auf der Documenta 2017. Zum ersten Mal findet die Ausstellungsreihe in zwei Städten statt – Kassel und Athen. Wir berichteten bereits darüber. Der Künstler Bili Bidjocka thematisiert diese Aufteilung spielerisch in seinem Werk “The Chess Society”. Darin lässt er die Städte in einer Schachpartie gegeneinander antreten. Auch ihr könnt mitspielen, denn: Das Duell ist webbasiert.
Ein Flop unter dem Weihnachtsbaum
Bili Bidjocka ist ein zeitgenössischer Künstler, der für seine Skulpturen und Installationen bekannt ist. Geboren ist er in Kamerun, aufgewachsen in Frankreich – wo er auch heute noch arbeitet. Darüberhinaus hat es den Künstler nach Brüssel und New York verschlagen. Einige seiner Werke stellte er bereits im “New Museum of Contemporary Art” aus. Bili Bidjocka kam schon früh und zunächst unfreiwillig mit dem Strategiespiel in Verbindung. Die Überraschung und Enttäuschung war groß, als er und sein Bruder in Kindertagen ein Schachspiel als Weihnachtsgeschenk erhielten. Sie kannten weder die Regeln, noch wussten sie so recht etwas anderes damit anzufangen. Doch die beiden freundeten sich zunehmend mit einem Match an und spielten hin und wieder eine Partie. Das digitale Schach-Kunstwerk widmet Bili Bidjocka seinem Bruder.
Die Installation einer virtuellen Schacharena
Den Eröffnungszug der Kunstausstellung, im Rahmen der Documenta 2017, durfte Athen setzen. Dort ist die Installation mittlerweile beendet. In Deutschland kann das Duell nach wie vor in einer Industriehalle auf dem Gelände der Universität Kassel bestaunt werden. Die Installation setzt sich aus mehreren Elementen zusammen. Auf einem Vorhang aus Fäden ist zu lesen: “J’ai l’impression qu’il y a une histoire d’amour entre la fille de salle et le grand noir qui fait le ménage” (Ich habe das Gefühl, es besteht eine Liebesgeschichte zwischen der Kellnerin und dem großen schwarzen Putzmann). Hinter dem Schleier verbirgt sich ein abgedunkelter Raum mit einem tiefschwarzen Wasserbecken. In dessen Mitte wird ein gigantisches Schachspiel projiziert. Es scheint, als würde das Brett auf der Wasseroberfläche schweben. Wer den Prozess live vor Ort nicht nur beobachten, sondern selbst in den Genuss einer Partie kommen möchte, kann sich in einem abgetrennten Bereich an echte Schachbretter setzen.
Documenta 2017: Online-Demokratie am Zug
Das digitale Spielfeld speist sich aus den virtuellen Zügen, die Nutzer aus Athen und Kassel, beziehungsweise Griechenland und Deutschland, auf der Website von “The Chess Society” bestimmen. Alle 24 Stunden hat man die Möglichkeit, den nächsten Zug anzubieten. Die finale Handlung richtet sich dann – ganz demokratisch – nach der Mehrheit der Vorschläge. Die bisherigen Sätze und Ergebnisse sind ebenfalls im Internet einsehbar. Zusätzlich können sich die Nutzer austauschen und das Spiel in einem Chat kommentieren. Runde eins hat Athen gewonnen. Das zweite Match endet heute. Also haltet Euch ran und entscheidet die aktuelle Partie für Kassel.
Titelbild: @Bili Bidjocka, The Chess Society
J’ai l’impression qu’il y a une histoire d’amour entre la fille de salle et le grand noir qui fait le ménage (Ich habe das Gefühl, es besteht eine Liebesgeschichte zwischen der Kellnerin und dem großen schwarzen Putzmann), 2017, verschiedene Materialien, Installationsansicht, Gottschalk-Halle (Universität Kassel), Kassel, documenta 14, © Bili Bidjocka/VG Bild-Kunst, Foto: Mathias Völzke