1949 veröffentlicht George Orwell seinen dystopischen Roman „1984“. Nur wenige Jahre nach Ende des Krieges entwirft er eine Zukunftsvision der Welt, die aufrütteln soll. Sein Werk beschreibt eine Gesellschaft, die von Überwachung und Manipulation geprägt ist. Heute, knapp 70 Jahre später, sind Kameras an öffentlichen Orten, die Speicherung von Daten und die Kritik an manipulierter Presse schon fast zum normalen Alltag geworden. So sehr hat sich das Empfinden für Privatsphäre in unserem Alltag verändert, dass uns „1984“ schon lange nicht mehr so utopisch erscheint. Mehr noch, durch das Internet scheint die Privatsphäre jedes einzelnen schon lange nicht mehr ein behütetes Gut zu sein.
Offengelegt – Keine Anonymität im Netz
2016 beschäftigen uns andere Zukunftsvisionen, wenngleich die Vorstellung einer totalen Überwachung auch weiterhin ein Thema ist. Heute jedoch denkt man dabei nicht mehr an Bildschirme, die einen, wie von Orwell beschrieben, rund um die Uhr bewachen. Bewachung hat in der Gegenwart mit Technologie zu tun, man denkt an das Internet, die Speicherung von Daten, den Einsatz von Drohnen. Wer sich jetzt ein Bild von der Zukunft machen möchte, der lässt „1984“ im Regal stehen und greift stattdessen zu einem Werk, das ein Bild unserer nahen Zukunft abbildet – The Circle. Dave Eggers ruft darin ein Unternehmen ins Leben, das Google, Apple, Facebook und Twitter vereint. Statt Überwachung geht es jetzt um Transparenz. Das ambitionierte Ziel von „The Circle“: Eine bessere Menschheit durch Transparenz. Um dieses Vorhaben umzusetzen, wird zunächst die Anonymität aus dem Internet verband. Wer im Netz unterwegs ist, kann dies nur mit einer einsehbaren Internetidentität. Im Alltag soll mithilfe von Mini-Kameras und direkter viraler Übertragung, das Leben eines jeden Individuum einsehbar werden. Dass diese Transparenz auch Schattenseiten hat, erfährt die Protagonistin Mea Holland bald am eigenen Leib. Sehr realistisch zeigt der Autor, dass das Internet schon lange nicht mehr nur ein Medium der Vernetzung ist. Schon bald wird klar: Wer das Internet beherrscht, der formt auch die Zukunft.
Wenn das Licht aus geht
Weniger eine Zukunftsvision als vielmehr eine realistische Bedrohung beschreibt der Thriller „Blackout“ von Marc Elsberg. Der Autor stellt in seinem Buch ein Gedankenexperiment an: Was passiert, wenn die Stromversorgung gekappt wird? Das Szenario ist das Folgende: Mitten im kalten Februar gelingt es einer Gruppe von Hackern, Europa den Strom abzuschalten und damit auch den Zugang zum Internet zu verschließen. Schnell wird deutlich, dass eine Gesellschaft ohne Elektrizität heute nicht mehr möglich ist. Es zeigt sich die Kehrseite der allgegenwärtigen Vernetzung. Lange schon sind Wasserversorgung, Maschinen und Verkehrsmittel auf eine lückenlose Bereitstellung von Strom angewiesen. Alles wird mit Programmen gesteuert und mit Strom gespeist. In „Blackout“ zeigt sich nun, was diese Abhängigkeit bedeutet. Bereits kurz nach dem Ausfall bricht die Lebensmittelversorgung zusammen, in Krankenhäuser bricht das Chaos aus, die Wirtschaft wird lahmgelegt und schon nach kurzer Zeit kämpfen die Menschen ums blanke Überleben. Der Roman wirft Fragen auf, mit denen sich nach der Veröffentlichung auch Experten auseinandersetzen mussten. Wie realistisch ist ein totaler „Blackout“ tatsächlich? Geht die Vernetzung zu weit?
Mehr als pure Unterhaltung
Sowohl „The Circle“ als auch „Blackout“ thematisieren die Vernetzung der heutigen Gesellschaft, zeigen mögliche Entwicklungen auf und legen Schwachstellen offen. Wen die mögliche Zukunft unserer vernetzten Gesellschaft interessiert, erhält hier neben unterhaltsamen Lesestoff Denkanstöße und neue Einblicke.
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