Wer hat die schönere Wohnung? Wer den spannenderen Job? Wer trägt die trendigsten Outfits? Und überhaupt – wer ist der Glücklichere in seinem Leben? Täglich stellen wir uns selbst mehrmals unserem Umfeld gegenüber. Wir vergleichen uns – mit Freunden, der Familie, oder einem wildfremden Menschen in der U-Bahn.
Warum wir uns vergleichen wollen
Das ist natürlich. Und eigentlich (wobei die Betonung hier eindeutig auf diesen zehn Buchstaben liegen sollte) auch sinnvoll und wichtig für unsere eigene Entwicklung. Nicht umsonst stellt Festinger in seiner Theorie zum sozialen Vergleich fest, dass wir diese Art von Gegenüberstellung benötigen, um uns selbst als Individuum von der Welt abzugrenzen und zu definieren. Also vergleichen wir bereits im Kindesalter munter darauf los. Was relativ harmlos in einem stark begrenzten Umfeld beginnt – wer hat das bessere Pausenbrot, wer darf länger Fernsehen – steigert sich im Laufe unseres Lebens zu weitaus komplexeren Vergleichsprozessen. Die Zahl der Menschen, die an unserem Leben Teil haben, wächst und auch das Bedürfnis nach Orientierungspunkten wird immer größer. Klingt kompliziert? Es geht noch komplizierter. Gerade mit den sozialen Medien gelangt das Vergleichen auf ein komplett neues Level.
..es manchmal besser sein lassen sollten
Im Büro. Der Tag war bis jetzt wenig spektakulär, aber eigentlich ganz okay. Die meisten Aufgaben sind abgearbeitet, die Kollegen sind nett. Zeit für einen Kaffee.. und ein bisschen Instagram. Während wir an einem Keks knabbern, schieben sich die ersten perfekt ausgeleuchteten und gefilterten Bilder durch unseren Feed. Palmen und Meer von einer flüchtigen Bekannten, die gerade ihr Sabbatical in Costa Rica verbringt, Blumenarragements aus der Wohnung der Nachbarin, dutzende Fashionblogger in ihren neusten Designer Teilen. Und schon beginnen wir die Tatsache, dass wir arbeiten müssen, zu hassen, fragen uns, wann wir das letzte Mal in den eigenen Wänden überhaupt Staub gewischt haben und zupfen verschämt an unserem H&M Pullover aus der letzten Saison. Abwärtsgerichteter Vergleich – so nennt der Soziologe dieses Phänomen. Wir stellen uns Menschen gegenüber, die uns augenscheinlich in einem bestimmten Aspekt unseres Lebens überlegen sind. Und dieses Gefühl der Unterlegenheit führt zu einem Potpourri verschiedenster Emotionen – meist eher unangenehmer Art. Vor allem Neid folgt oft unmittelbar auf die mediale Selbstdarstellung Anderer. Interessanterweise haben wir mit diesem Gefühl auch dann zu kämpfen, wenn der Grund für diese Unterlegenheit kaum Bedeutung für das eigene Selbstbild hat. Das besagt zumindest eine Studie zum Thema Neid von Jan Crusius und Thomas Mussweiler der Universität Köln. Eigentlich haben wir uns in unserer Wohnung auch ohne Blumen immer sehr wohl gefühlt, aber die Tatsache, dass andere in einem wahr gewordenen Interior Traum leben, macht uns dann eben doch neidisch. In einer weiteren Studie nahmen Grace Chou und Nicholas Edge von der Utah Valley Universität das Phänomen des Vergleichs auf sozialen Plattformen genauer unter die Lupe. Und auch sie stellten fest, dass Unzufriedenheit proportional zum steigenden Nutzen – in diesem Fall von facebook – wächst. Besonders Nutzer mit vielen und ihnen kaum bekannten virtuellen “Freunden” klagten über eine Ungerechtigkeit des Lebens.
..und trotzdem nicht damit aufhören können.
Und eben diese Tatsache trägt konkret zur Problematik bei. Das Umfeld, mit dem wir uns vergleichen können, wird immer größer. Wo wir sonst nur das Outfit unseres einen, besonders modebewussten Freundes bewundern konnten, bekommen wir heute eine ganze Schar wunderbar angezogener Menschen frei Haus auf unser Handy oder unseren PC. Und nicht nur dieses “Überangebot” an Vergleichsmöglichkeiten ist es, das uns zu schaffen macht. Von einem einzigen Bild schließen wir auf ein komplettes Leben. Dass dieser Schnappschuss womöglich geplant, aufwändig durchgeführt und noch aufwändiger retuschiert wurde, ist uns klar. Und auch, dass die unschönen und langweiligen Aspekte des Lebens auf sozialen Plattformen keinen Platz finden, wissen wir.Aber genau das ist der springende Punkt: wir wissen das – und machen trotzdem weiter.
Bild: Milada Viderova, Unsplash