Mit “Lost and Found” präsentiert die Künstlerin Susan Hiller auf der documenta 14 in Kassel eine 20-minütige Videoinstallation. Darin setzt sie sich mit fast verschwundenen, vergessenen, gefährdeten, seltenen oder wiederbelebten Sprachen auseinander. Das akustisch Fremde wird durch sichtbare Schallwellen und Übersetzungen erlebbar gemacht – durch die Ansprache verschiedener Sinne vielleicht sogar vertraut?!
Neue alte Sprachen akustisch visuell entdecken
In der Videoinstallation “Lost and Found” auf der documenta 14 erklingen 23 unbekannte und besondere Sprachen. Die Redner entstammen der jeweiligen Kultur und erzählen von ihrer Herkunft, Familiengeschichte, der Sprache und ihrer Verbreitung. “Kaurna” ist zum Beispiel eine Sprache, die wiederentdeckt wurde. Der Redner heißt im Englischen Vincent Buckskin, in Kaurna wird er hingegen übersetzt “the Rock” genannt. So viel zum Hören. Sehen kann der Betrachter eine sich zum Sound bewegende Schallwelle auf einem schwarzen Bildschirm. Der grüne Graph eines Oszilloskop (elektronisches Gerät, das Spannung über einen zeitlichen Verlauf darstellt) folgt den Sound-Frequenzen durchgehend und schlägt entsprechend aus. Durch englische Untertitel wird dem Betrachter das Gesagte übersetzt.
Richard Grayson sieht in dem Werk eine “Technik, die die Stimmen der Toten vernehmbar macht. Werden sie gehört, so kehren sie unter die Lebenden zurück, um artikuliert zu werden, um die Kartierungen und Erfahrungen jener Welten zum Ausdruck zu bringen, die in diesen Sprachen enthalten und beschrieben sind”.
Susan Hiller verbindet Sound und Videokunst
Susan Hiller ist eine US-amerikanische Künstlerin. Sie widmet sich der Malerei, Objekt-Kunst, Installation sowie der Fotografie. In den Fokus ihres künstlerischen Schaffens gerieten zunehmend innovative Experimente mit audiovisuellen Techniken. Viele ihrer Arbeiten sind Multiscreen-Videos, die zahlreiche andere Künstler inspirieren. Thematisch beschäftigt sie sich vor allem mit den kulturellen Gegebenheiten und Veränderungen. Susan erforschte in ihrer Kunst unter anderem auch spirituelle und paranormale Aktivitäten. So zum Beispiel in der Audio-Skulptur “Witness”. Deren Gegenstand sind mündliche Aussagen von Menschen, die nach eigenen Angaben Außerirdischen begegnet sind und davon berichten. In der mehrkanaligen Videoinstallation “Channels” (bestehend aus 106 (Röhren-)Fernsehern, 9 Media Playern, 7 DVD-Playern u. A.) thematisiert sie im Flackern zahlreicher Medien Nahtoderfahrungen.
100 Protestsongs auf der documenta 13
Die Künstlerin war bereits 2012 auf der documenta vertreten. Dort zeigte sie das akustisch-optische Kunstwerk “Die Gedanken sind frei”. In der Installation war eine Musikbox mit einer persönlichen Zusammenstellung von Liedern integriert. Die Songtexte feiern die Freiheit und stellen einen Protest gegen das Vergessen und Aufgeben dar. Einer der Musiker: Johnny Cash, der für die unterdrückten Rechte der „American Indians“ singt.
Titelbild: @Susan Hiller, Lost and Found, 2016, Digitalvideo, Installationsansicht, Grimmwelt Kassel, Kassel, documenta 14, © Susan Hiller/VG Bild-Kunst, Bonn 2017, Foto: Liz Eve