Die Künstlerin Fabifa über
Livemalerei & Tape Art in Berlin

Valeryia Losikava aka Fabifa vor ihrem Tape-Art-Kunstwerk

In der Straßenkunst wurde sie einst als Alternative für Spraydosen entwickelt und hält mittlerweile sogar in Supermärkten Einzug: Die Rede ist von Tape Art. Tape Art ist Kunst aus Klebebändern ganz unterschiedlicher Art. Ursprünglich wurde sie im öffentlichen urbanen Raum angewendet, doch auch immer mehr Medien nutzen Tape Art-Elemente für die Werbung und auch so manches Wohnzimmer schmückt sich bereits mit moderner Klebekunst. Wir reden hier natürlich nicht von irgendwelchen Glitzer-Stickern oder Post-Its. Was genau das Besondere an dieser Kunst ist, verrät uns die Tape-Art-Künstlerin Valeryia Losikava aka Fabifa im Interview.

Fabifa, was fasziniert dich an der Kunst des Klebens?

Mit Klebeband kann man alles machen, dazu gehören 2D- und 3D-Bilder, Skulpturen, Installationen oder Mix-Media-Bilder (z.B. Klebeband und Mapping). Ich mag die grafischen Effekte, die ich mit Klebeband erziele. Die Farben sind sehr klar, man kann die Struktur des Materials sehen und mit matten und glänzenden Effekten spielen. Ich verwende auch spiegelndes und silbernes Klebeband, das nur in bestimmten Winkeln und unter bestimmtem Licht sichtbar wird. Außerdem sieht man die verschiedenen Ebenen sehr gut.

Wie bist du zur Tape Art gekommen?

Nach meiner ersten Ausstellung in Berlin war ich offen für alle Kunstrichtungen und Materialen, die ich vielleicht noch nie gesehen habe. Ich wollte alles neu erleben. Zum Glück ist Berlin sehr progressiv, hier kann man viel entdecken. Ich habe dann auf einem Kunstfestival den Tape-Artist Ostap getroffen und vor Ort ein Bild mit Tape entworfen. Ich war sehr beeindruckt. Und gleich danach kam ich zu dem Tape-Art-Kollektiv Selfmadecrew, wo ich ein Jahr lang gearbeitet habe. Mittlerweile arbeite ich seit zwei Jahren alleine.

Du kommst ursprünglich aus Minsk. Warum ist nun Berlin deine Wahlheimat?

Früher in Minsk war ich in anderen Bereichen erfolgreich. Aber dann wurde mir klar, dass ich ohne Kunst nicht leben kann und mich nur damit beschäftigen möchte. Ich habe probiert, als Illustratorin zu arbeiten und auch auszustellen. In Minsk gab es jedoch nicht genügend Möglichkeiten, um meine kreativen Wünsche zu verwirklichen. Ich denke, dass es die beste Entscheidung meines künstlerischen Lebens war, nach Berlin zu kommen. Berlin passt zu mir und ich passe auch hierher – das ist gegenseitige Liebe.

Welche Materialien und Untergründe nutzt du?

Ich nutze meistens Gaffa und Duct-Tape, aber ich habe auch schon Folien und Verpackungsband benutzt. Als Untergründe eignen sich vor allem Kunststoff, Glas, Metall, Stein und Holz. Man kann auf eine glatte Wand oder den Boden kleben. Ich hab auch schon auf sehr unbequemen Flächen, wie alten Ziegelmauern oder gewellten Containern, getaped.

Was sind die großen Herausforderungen beim Tapen?

Das Kleben ist vom Untergrund und Wetter abhängig. Ich kann nicht kleben, wenn es draußen sehr kalt oder nass ist. Wenn die Oberfläche staubig oder fettig ist, stellt das ebenfalls ein Problem dar. Außerdem verletze ich mich manchmal, weil ich das Klebeband mit dem Cutter sehr schnell schneide. Mit dem Messer sollte man lieber vorsichtig arbeiten.

Kleben bleiben auch Markenversprechen

Wo liegt für dich die Zukunft von Tape Art?

Ich sehe hier viel Potenzial, weil die Kunstwerke sowohl temporär als auch permanent bestehen können. Ich kann ein Bild für einen Tag erstellen und dann das Band abziehen – so, als ob nichts je vorhanden gewesen wäre. Wenn ich solche Performances mache, Bilder vom Anfang bis zum Ende vor dem Publikum erschaffe, kann ich entscheiden, ob ich dieses Bild erstmal verlasse oder es direkt vor Ort wieder löschen möchte. Moderne Kunst basiert heutzutage auf der Zeitlichkeit des Ereignisses. Gleichzeitig ist das Klebeband  jedoch sehr haltbar und duktil. Ich werde mich bemühen, es mit anderen modernen Techniken und Materialien zu mischen, um es auf das Niveau des zukünftigen Materials zu bringen und ich hoffe, dass es sehr bald umweltfreundliches Klebeband gibt!

Gibt es auch Werke für die eigene Wohnzimmerwand?

Ich habe mir kürzlich eines am Fenster meines Zimmers angebracht. Es hängt immer noch da. In meinem Atelier bereite ich Bilder für die Ausstellungen vor oder führe Fotoshootings und Experimente mit neuen Materialen durch. Eigentlich sind die Wände in meiner Wohnung leer und weiß. Ansonsten gehe ich nach dem gleichen Prinzip vor: Ich trage überwiegend schwarze Kleidung, habe keine Tätowierungen und das alles, weil ich mein Gehirn und meine Augen freihalten muss, um stets  für neue Ideen offen zu sein. So halte ich ein Gleichgewicht zwischen einer rationalen Denkweise und meinen bunten Kunstwerken.

Wo können wir deine Kunst bestaunen?

In Berlin könnt ihr meine Tape-Art-Wände hier sehen:

 

  • X Lane
  • Zentrum für Kunst und Urbanistik
  • Projekt PennyBox80 (Boxhagener str.80)
  • KinkyWork coworking space
  • Boulevard Center
  • Bootshaus auf dem Spreefeld

Welche Berliner Tape-Art-Events darf man nicht verpassen?

Nächstes Jahr findet wieder die Tape-Art-Convention statt – hier kann man alles über Tape-Art entdecken. Ich werde auch wieder dabei sein.

 

Ich möchte außerdem meine bevorstehende Ausstellung weiterempfehlen, die ich mit der wunderbaren Anne Bengard vorbereitet habe.

 

Wo? In der Eigengrau Bar (Skalitzer Str. 45, 10997 Berlin)

Wann? 29.05 – 02.06.19

 

Vielen Dank für das Interview Fabifa!

So ist das Kunstwerk entstanden, das ihr auf dem Titelbild sehen könnt

 

Und so beeinflusst Berlin Fabifa und ihre Kunst

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