Der Mensch als Technologie

Statue vor Hochhaus

Künstliche Intelligenz ist in Form der Google-Suchmaschine bereits heute Teil des alltäglichen Lebens – kaum jemand beschwert sich und der User profitiert von einer optimierten Experience. Googles AI-System RankBrain wird von der Suchmaschine längst zur Bewertung von Webseiten herangezogen, um die Suchergebnisse zu interpretieren und dem Menschen einen Service möglichst nahe an seinen Bedürfnissen zu bieten. Ray Kurzweil, Chefingenieur von Google, geht gleich unzählige Schritte weiter: Er verspricht die Singularität, die Verschmelzung der menschlichen Intelligenz mit der künstlichen Intelligenz. Bereits im Jahr 2030 soll es so weit sein: Die menschliche Biologie soll ein Upgrade erleben.

Kurzweil gilt als Pionier und prominenter Verfechter des Transhumanismus mit einem beeindruckenden Profil: 19 Ehrendoktorwürden, Erfinder des Flachbett-Scanners und Sprach-Synthesizers sowie anerkannter Futurist. In den achtzigern konnte er korrekt den Zusammenbruch der Sowjetunion voraussagen. Heute arbeitet er bei Google entschlossen an der Abschaffung des Todes durch Maschinen und prophezeit, dass schon bald Nanobots, kleine Roboter im Blut, fester Bestandteil des menschlichen Immunsystems im Kampf gegen Viren, Krebszellen oder Bakterien sein werden. Sollte die ewige Jugend des menschlichen Körpers scheitern, so könne in Zukunft zumindest die Identität und Persönlichkeit eines Menschen heruntergeladen und auf Avatare übertragen werden, sodass das menschliche Bewusstsein nicht stirbt.

So beeindruckend die Ideen der Transhumanisten auch sind; die Kritiker lassen nicht auf sich warten. Wissenschaftler wie Stephen Hawking und Hugo de Garis warnen, dass die Umsetzung des Transhumanismus zum Ende der menschlichen Spezies führen wird. Während Transhumanisten die Verschmelzung von Mensch und entwickelter Technologie als logischen Schritt zur nächsten Evolutionsstufe betrachten, werfen die Gegner ihnen eine Ignoranz der ethischen Aspekte vor. Der Wissenschaftler Francis Fukuyama kritisiert, dass der Transhumanismus die menschliche Natur und die menschliche Gleichheit zu verändern versuche und somit die Ideale der liberalen Demokratie kritisch unterminiere. Ohne Zweifel ist die Motivation einiger Transhumanisten, das menschliche Leben zu verlängern und Krankheiten vorzubeugen, nicht verwerflich.

Die Frage lautet nicht, ob dem Menschen geholfen werden soll, sondern welche ethischen Veränderungen sich durch den Einsatz transhumanistischer Methoden einstellen werden und einen langfristigen Effekt auf die Lebensqualität des Menschen haben werden. Der Ursprung der Kontroverse ist zutiefst religiös und befasst sich mit der Frage, woran sich Menschlichkeit definieren lässt. Sind es Werte oder Funktionen? Wenn Wissenschaft und Gesellschaft versuchen, wertfrei zu bleiben, werden sie vermutlich die Funktion des Menschen als maßgebend für ihre Entscheidungen definieren und dabei ganz außer Acht lassen, dass die scheinbare Neutralität trotzdem zu einer Werteverschiebung führt. Kritiker fragen sich, welche Zukunft jene Menschen haben, welche nicht in das transhumanistische Weltbild passen und gegenüber dem optimierten Menschen benachteiligt sind.

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