Die Berlinale-Vorführung „Shooting Mafia“:
Filmkritik

Palermo Instagram: @tomasjolmes

Politische Themen aus der ganzen Welt, beeindruckende Persönlichkeiten, kleine Produktionen und Fragen, die zum Nachdenken anregen: Das ist die Berlinale. Und genau hier reiht sich auch die Dokumentation „Shooting Mafia“ von Kim Longinotto ein.

 

Im Mittelpunkt des Filmes steht eine Frau, die über Palermo und die Cosa Nostra in den 80er Jahren berichtet: Die Fotojournalistin Letizia Battaglia. In einer Zeit, in der fast täglich Morde geschahen, Angst zum Alltag der Bevölkerung gehörte und Männer die Gesellschaft dominierten, entdeckte Letizia Battaglia die Liebe zur Fotografie.

 

Die Dokumentation baut sich auf, berichtet zunächst darüber, wie Battaglia Menschen auf der Straße fotografiert und die Stimmung der Stadt dokumentiert. Im Laufe des Filmes wird die Gewalt in ihrer Umgebung immer deutlicher, sie beginnt Morde zu dokumentieren und dem Zuschauer wird immer bewusster, wie viel Mut und Durchsetzungsvermögen eine Frau in dieser Zeit braucht, um sich zu behaupten.

 

Letizia Battaglia gilt als erste Journalistin, die sich (als Frau!) direkt zum Tatort begibt, sich durchsetzt und die Morde in Sizilien fotografiert. Sie nimmt die Realität auf, bringt sie in internationale Zeitungen und führt den Menschen das unermessliche Leid vor Augen.

 

Seinen dramaturgischen Höhepunkt erreicht der Film mit der Erzählung über den Richter Falcone. Kim Longinotto mischt Fotos der Protagonistin mit Originalaufnahmen aus den Mafiaprozessen und italienischen Nachrichten, die die Stimmung des Landes widergeben. Spätestens hier wird deutlich, was mit denjenigen passiert ist, die gegen die Mafia das Wort erheben: Erpressung, Verfolgung, Mord. Und mitten drin Letizia Battaglia, der wohl bewusst ist, in welcher Gefahr sie sich befindet und dennoch voller Lebensfreude und Hoffnung zu sein scheint.
Ästhetisch mischt der Film Bilder der Gewalt mit italienischer Schlager- und Popmusik, was den Zuschauer stutzen lässt, fast unangebracht wirkt, aber dennoch den Zeitgeist überspitzt aufgreift.

 

Was der Zuschauer während des Filmes nur annähernd spüren kann, dessen wurden die Besucher nach der Berlinale-Vorführung Zeuge. Das Filmteam ruft in der Fragerunde Letizia Battaglia nach vorne, die bis dahin unbemerkt unter den Zuschauern saß. Sie bringt eine unfassbare Ausstrahlung mit. Sobald sie das Wort erhebt, nimmt ihre Stimme den Raum ein, ihr Auftreten beweist ihre Stärke, ihren Mut und lässt vermuten, wie diese Frau es geschafft hat, sich in der sizilianischen Männergesellschaft an den Tatorten durchzusetzen. Eine eindrucksvolle Begegnung auf der 69. Berlinale, die in Erinnerung bleibt.

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