Bot Accounts: Stimmungsmacher unserer Zeit

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Wenn im Netz über ein Thema debattiert wird, dann entstehen leicht hitzige Kommentarverläufe, gemeine Tweets und jede Menge radikale Aussagen. Dass diese Inhalte nur von menschlichen Nutzern stammen, war einmal. Heute diskutiert noch jemand oder besser etwas Anderes mit – Social Bots. Mit provokanten Kommentaren mischen sie den öffentlichen Diskurs im Netz auf und bleiben dabei immer öfter unerkannt.

Social Bots – Meinung als Massenprodukt

Unter einem Social Bot – abgeleitet von Social Robot – versteht man eine autonom agierende Software, die eigenständig Kommentare und Tweets erstellt. Diese Fake-Accounts folgen anderen Nutzern und haben selber Follower. In ihren Anfängen waren Bots meist leicht zu enttarnen: Sie posteten 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und das nicht selten mit fehlerhaften Sätzen und unverständlichen Aussagen. Es brauchte nicht viel um festzustellen, dass hier kein Mensch hinter dem Profil steht. Inzwischen hat sich die Situation zugespitzt und die Enttarnung ist wesentlich schwieriger geworden. Verbesserte Algorithmen machen es möglich, dass Social Bots heute in der Lage sind, ihr menschliches Gegenüber zu täuschen. Für ihre Beiträge nutzen sie alle im Netz verfügbaren Informationen über Satzbau, geeignete Formulierungen und eingängige Keywords. Insbesondere auf Twitter ist es inzwischen eine echte Herausforderung die Bots zu identifizieren. Schätzungen zufolge könnten hinter bis zu 20 Prozent der Twitter-Nutzer keine Menschen, sondern eine Software stehen. Für die Erstellung braucht es nicht einmal mehr eine Person: Social Bots sind in der Lage, sich selber zu erstellen – und verwenden für ihr Profil unter anderem Bilder echter Nutzer.

Eine Software wird zum politischen Akteur

Social Bots sind insbesondere dort problematisch, wo sie Meinungen stärken und im schlimmsten Fall sogar formen. Vor allem im politischen Kontext können sie gezielt für Propaganda genutzt werden. Personen, die eine gefestigte Meinung vertreten, werden so durch Social Bots in ihrer Meinung bestärkt. Wenn eine solche Vielzahl an Nutzern der Ansicht ist, dass diese und jene Partei vertretbar ist und eine andere nichts taugt, wird das schon richtig sein – so der Gedanke. Ein Paradebeispiel dafür, wie ein Wahlkampf aussehen kann, der nicht nur durch menschliche Akteure geleitet wird, konnte im vergangenen Jahr eindrücklich in den USA beobachtet werden. Nach dem TV-Duell der beiden Präsidentschaftskandidaten Clinton und Trump war mehr als ein Drittel aller Tweets mit Bezug auf das Duell computergesteuert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Oxford University, die sich schon seit längerer Zeit mit der Problematik der Fake-Accounts auseinandersetzt. Eine weitere Größe: Jeder dritte Follower der Kandidaten soll kein Mensch gewesen sein. Das Bild, dass dadurch über die Supporter der beiden Präsidentschaftsanwärter entsteht, ist in jedem Fall ein verzerrtes. Offen bleibt, ob und welchem Ausmaß die Social Bots Einfluss auf die Wahlentscheidung der US-amerikanischen Bevölkerung genommen haben.

Ist ein Verbot unumgänglich?

2017 werden auch in Deutschland die Wahllokale geöffnet. Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion um Social Bots aktueller denn je. Nun wird darüber beraten, ob es den Parteien gesetzlich verboten werden sollte, Social Bots für ihren Wahlkampf zu nutzen. Dieser Ansatz ist sicherlich wichtig, reicht aber möglicherweise nicht weit genug. Denn wer kann schon kontrollieren, ob die Parteien die Erstellung von Social Bots selber in die Hand nehmen oder beauftragen. Wahrscheinlich ist, dass die Supporter einer Partei diese Aufgabe vielmehr auf eigene Initiative hin übernehmen und die Möglichkeit nutzen, um ihre Partei durch software-gesteuerte Accounts zu unterstützen. Nicht zuletzt, haben Social Bots nicht allein in der Politik einen wachsenden Einfluss. Auch in der freien Wirtschaft, im Hinblick auf Werbung und Imagebildung privater Unternehmen und Personen können sie einen Beitrag leisten. Insbesondere die Enttarnung der falschen Accounts stellt eine Herausforderung dar. Zurzeit untersucht unter anderem das Projekt Social Media Forensics der Universität Siegen die Manipulation durch Social Bots und den sich daraus ergebenen Schaden.

Foto: @pixabay

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