Wahlkampf 2017: Wenn Politiker chatten
und Merkel ihr Lieblings-Emoji verrät

Eine neue WhatsApp-Nachricht von Katrin Göring-Eckardt oder eine neue Facebook- Nachricht vom CSU-Chat-Bot Leo: Politiker setzen in ihrer Öffentlichkeitsarbeit mal mehr und mal weniger auf Chatrooms. So auch im Wahlkampf 2017. Das Potential sozialer Netzwerke liegt in der Interaktion mit den potentiellen Wählern. Doch wird dieses auch wirklich ausgeschöpft? Heiß diskutiert wurde in dieser Woche außerdem das YouTube-Interview mit Angela Merkel, in welchem sie ihr Lieblings-Emoji verrät.

Wie interaktiv sind die Parteien auf sozialen Netzwerken im Wahlkampf 2017?

Schaut man sich die Social Media-Profile der Parteien an, so lässt sich feststellen, dass der Großteil von ihnen – bis auf einige Kommentar-Reaktionen – eher publiziert als interagiert. Dabei liegt genau darin der Mehrwert sozialer Medien, der somit ungenutzt bleibt: “Da haben die deutschen Parteien nicht verstanden, dass im Web 2.0 nicht einfach nur Platz für Pressemitteilungen ist, sondern, dass dort Gespräch stattfindet sollte”, sagt Frank Brettschneider, Kommunikationswissenschaftler und Wahlkampf-Experte von der Universität Hohenheim. Natürlich ist klar, dass es Personal und Kosten erfordert, interaktiver zu werden. Es braucht große Teams, die sich mit den Fragen und Anregungen der Nutzer beschäftigen. Doch diese Investition könnte sich auszahlen.

Gute Ansätze, schwache Umsetzungen

Katrin und Cem als WhatsApp-Kontakte

Die Grünen rücken die Nummern von Katrin: +49 176 34365582 und Cem: +49 176 34345240 raus. Die potentiellen Wähler werden eingeladen, mit den Spitzenkandidaten per WhatsApp zu chatten, Fragen zu stellen und Anregungen zu hinterlassen. Wir haben es mal ausprobiert, Katrin in unser Telefonbuch eingespeichert und das Gespräch – wie angegeben – mit einem “Start” begonnen. Wir erhalten direkt eine Begrüßungsnachricht von ihrem Team zurück. Eher eine Art Newsletter? Auf Fragen um die Bedeutung der sozialen Medien für die Partei, wird aber leider nur auf das Programm verwiesen. Und Cem hat unsere Statement-Bitte bezüglich eines Digitalministers bislang noch nicht einmal gelesen. Die grauen Häkchen verraten es: Er ist die ganze Zeit online, aber schreibt nicht. Anlass genug, um beleidigt zu sein?

CSU-Leo im Facebook-Messenger-Chat

Dann unterhalten wir uns doch einfach mal mit dem Chat-Bot der CSU: Leo. Leo wird als kleiner blauer Roboter im Messenger Chat von Facebook vorgestellt – natürlich im gewohnt modernen “graphic-design-is-my-passion-Look”. Nutzer können ihm Fragen zur Partei stellen. Leider erkennt er aber die Wenigsten davon. Hinter dem Ganzen sitzt ein Team, welches im Vorfeld Antworten auf bestimmte Stichwörter programmiert. Irgendwie werden wir nicht warm miteinander. Um uns besser kennenzulernen, schlägt Leo mir ein Speedinterview vor. Na dann mal los. Auf mein Lieblingsessen folgt “I mog a g’scheite Schweinshaxn”, auf die Lieblingssendung ein “Also ich schaue am liebsten politische Talkshows, da geht’s immer richtig zur Sache 😉” und musikalisch gesehen kriege ich dann die Bayernhymne präsentiert. Kritik an der politischen Konkurrenz bleibt ebenfalls nicht aus: Fragt man nach einer anderen Partei, bekommt diese via Memes und GIF’s ihr Fett weg.

 

Durch stetiges Nachfragen, wird auch zu politisch relevanten Themen-Antworten geleitet. Die Reaktionen verweisen auch auf andere Accounts der Partei – wie zum Beispiel Instagram. Insgesamt eher eine vorgefertigte nette Spielerei als eine wirkliche Interaktion.

Die Technik steht in Sachen automatischer Antworten-Generierung aber auch noch am Anfang. Eine umfassende zukünftige Nutzung von Social Bots lehnen CSU und andere Parteien hingegen ab.

Neues Format: YouTuber fragen…die Kanzlerin

Am Mittwoch stellte sich Angela Merkel den Fragen von vier jungen YouTubern – live aus dem YouTube-Space in Berlin. MrWissen2Go, ItsColeslaw, Alexi Bexi und Ischtar Isik bringen darin Themen zur Sprache, die sowohl eine politische Relevanz haben als auch die eigenen Erfahrungen abdecken. Durch YouTube will die Kanzlerin mit der Jugend ins Gespräch kommen.

Man sprach über ernste Themen und zog eine Schnute:

Und über Smileys:

“Haben Sie einen Lieblings-Emoji?” Merkel lächelt: “Smiley! Wenn es mit Hut kommt, dann noch ein kleines Herzchen dran. Und wenn mal nicht sowas Gutes war, dann kann man auch eine Schnute nehmen”.

Steht gerade mal kein Treffen mit der Kanzlerin an,  dann geben die YouTuber in ihren Videos Shopping-, Lifestyle- oder Technik-Tipps. Wie Merkel diesen Job auffasst, wird in folgender Anmerkung deutlich. Eine Twitter-Nutzerin kommentiert das Ganze dann auf ihre Art:

 

Twitter-Reaktionen als Bestandteil des Interviews

Unter dem #DeineWahl konnte auf Twitter und YouTube fleißig mitdiskutiert werden. Zwischen den Gesprächen haben die Moderatoren ausgewählte und auch kritische Kommentare vorgelesen und stellten die Ergebnisse, der von den Projektinitiatoren veranlassten, Online-Umfragen vor. Diese wurden dann wiederum im Gespräch mit Merkel aufgegriffen.

Hier merkt eine Userin ebenfalls an, dass die Partei zwar neue Medien nutzt, um jüngere Generationen anzusprechen, aber dort keine wirklichen Inhalte platziert. Die Bundeskanzlerin bestätigt diese Zunahme und ermuntert dazu, sich auf Instagram oder Facebook zu melden, wenn Inhalte nicht ausreichen. Es kriegt fast jeder eine Antwort, der sich bei der Bundesregierung meldet, heißt es weiter.

“Deine Wahl” zwischen Innovation und Kritik

Die Nutzerkommentare des YouTube-Interviews explodierten. In dem über 60-minütigen Video wurden allerdings nur wenige ausgewählte präsentiert. Bislang wurde das Video 1.175.103 Millionen mal aufgerufen. Das neue Format kommt bei einigen Nutzern gut an, wird allerdings vor allem von den Medien auch kritisiert. Bestand doch die Hoffnung, dass das Live-Event zu einem mutigen Kreuzverhör junger Menschen mutiert, so entpuppten sich die Fragen als Standardinhalte, die man auch tagtäglich im Fernsehen oder in der Zeitung zu sehen bekommt – so deren Fazit. Zwar ist das Format ähnlich innovativ, wie die von uns vorgestellte Gesprächsrunde “Frag selbst“, weil es User-Kommentare direkt mit einbezieht sowie Interview, Video-Kommentar und Meinung bündelt. Der Großteil der Fragestellungen sei aber bereits vielfach diskutiert worden und nichts Neues. Lieblings-Smiley und Lieblings-T-Shirt-Druck bildeten die Ausnahmen, waren aber eher unterhaltend als nützlich.

Und was sagt es uns, dass genau diese Fragen am meisten kommentiert wurden?

 

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