Trennungen online oder: Wie wir zu digitalen Masochisten wurden

Statue: Mann und Frau aus Stein

Den ultimativen Trennungs Grusel liefert uns WhatsApp mit den kleinen blauen Häckchen frei Haus auf das eigene Smartphone. Ob dieses Tool nun generell praktisch ist oder nicht lassen wir hier einmal außen vor – ist man jedoch frisch getrennt und hat in einem Anflug von Sehnsucht dem Ex-Partner getextet, kann diese Funktion zum wahren Folterwerkzeug werden. Hat er es gelesen? Ist er online? Im Zeitalter von Social Media werden wir mit dem Beenden einer Beziehung zu digitalen Masochisten. Und wir toben uns auf allen erdenklichen Kanälen aus. So werden fleißig der Instagram Account beobachtet und die Facebook Timeline studiert. “Lass uns Freunde bleiben” bekommt im digitalen Zeitalter eine ganz neue Bedeutung. Aus der abgedroschenen Phrase ist eine Grundsatzfrage geworden: In wieweit wollen wir unser Leben online mit dem Ex Partner weiter teilen?

Warum wir uns gerne selbst quälen..

Für immerhin jeden dritten Deutschen ist die Antwort klar: Social Media wird weiterhin genutzt, um einen Einblick in das Leben des oder der Verflossenen zu behalten. Das besagt zumindest die Studie eines der größten Online Portale zur Partnervermittlung. Laut den Verhaltensforschern Joe Walther und Stephanie Tong, erhoffen sich die frisch Getrennten hier vor allem Aussagen zum aktuellen Beziehungsstatus der Ex Partner, sowie generelle Informationen aus deren Leben. Grund für das Beobachten der digitalen Tätigkeiten, ist meist die große Frage nach dem “wieso”. Die Hoffnung nach einer Reduzierung der mit der Trennung einhergehenden Unsicherheit, scheint für viele eine stark treibende Kraft zu sein. Dabei ist das Aufrechterhalten der Beziehung online meist kontraproduktiv. So belegt eine Studie der britischen Sozialwissenschaftlerin Tara C. Marshall, dass sich der Heilungsprozess nach einer Trennung um das doppelte verlängern kann, wenn man ausschließlich in der realen Welt den Kontakt komplett abbricht. Denn: Die Selbstdarstellung im Netz gaukelt meist eine weitaus attraktivere Realität vor und schürt unschöne Gefühle, wie Neid und Eifersucht. Da dies ja nun auch nichts wirklich Neues ist, bleibt es dennoch fraglich, warum wir uns das digitale “Stalking” nach einer Trennung überhaupt so gedankenlos antun.

.. und was wir dagegen tun können

Womöglich liegt es einfach an der mangelnden Erfahrung. Nicht mit Trennungen an sich – denn diese gehören zum Leben dazu – sondern viel mehr mit der neuen Ebene, auf der sich diese nun abspielen. Vorbei die gute alte Zeit, in der man beim Entdecken des Ex Partners einfach die Straßenseite wechseln und sich im nächsten Hauseingang verkrümeln konnte. Oder man gemeinsame Erinnerungen einfach in eine Kiste packen und in der hintersten Ecke verstauen konnte. Heute gibt es mehr digitale Andenken, als wir früher analoge in einem Papierkorb hätten verbrennen können. Doch was stellen wir mit diesen Zeugen der vergangenen Liebe an? Und wie positionieren wir uns im Netz unseren Verflossenen gegenüber? Findige Unternehmer haben genau hier eine Marktlücke erkannt. So ist es möglich mit “Block your Ex” den eigenen Internetbrowser von eben diesem frei zu halten und die App “Drunk Dial” lässt erst eine Matheaufgabe lösen, bevor es möglich ist, den oder die Verflossene womöglich in unzurechnungsfähigem Zustand anzurufen. Auch große Konzerne haben das Problem bereits erkannt und legen hinsichtlich dieses Problems in ihrer Benutzerfreundlichkeit nach. So ist es möglich, bei Twitter den Tweet ausgewählter Personen für eine gewisse Zeit stumm zu schalten und auch Facebook bietet seit Neustem eine Trennungsfunktion an. Diese blockiert Nachrichten des Ex-Partners im Newsfeed und entfernt mit ihm markierte Bilder oder Beiträge aus der eigenen Timeline. Diese kleinen Helferlein sollen also das Ende einer Beziehung schmerzfreier und unkomplizierter gestalten.

Doch egal, ob technisches Hilfsmittel oder nicht: Letzten Endes ist und bleibt es – wie auch in der Vergangenheit – unsere eigene Entscheidung, wie wir mit einer Trennung umgehen können und auch wollen. Und das die Zeit irgendwann alle Wunden heilt oder zumindest vernarben lässt, gilt Gott sei Dank auch in Zeiten von Facebook, Instagram und Co.

Foto: flickr.

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